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Interview: „Nachhaltige Versicherung bedeutet für mich Wohlergehen auf der ganzen Linie“

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Interview: „Nachhaltige Versicherung bedeutet für mich Wohlergehen auf der ganzen Linie“

Als aktives Mitglied ist Katja auch dabei, wenn ver.de sich politisch positioniert: wie hier, beim alternativen Wiesneinzug der Klimaheld*innen im Herbst.

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ver.de hat das Ziel, Deutschlands erste nachhaltige Versicherung im Bereich Sachversicherungen aufzubauen, die von den Kunden*innen (Mitgliedern) mitgestaltet wird. Hierfür bildet sich jetzt die genossenschaftliche Basis. Im Interview mit ver.de-Autorin Judith Lehner erklärt ver.de-Mitglied Katja Ungar, warum sie Teil der Genossenschaft geworden ist – und warum Du das auch werden solltest, um bald grün versichert zu sein.

Anmerkung: Erst nach vollständiger Finanzierung und Zulassung durch die BaFin darf sich ver.de als „Versicherung“ bezeichnen.

Für mich ist Nachhaltigkeit eine Selbstverständlichkeit – auch deswegen, weil es keine moderne Erfindung ist.

Katja Ungar

Über Katja Ungar

Katja ist Dienstleisterin – mit Herz, Hand und Verstand. Ihre beruflichen Wurzeln liegen in der Hotellerie. Von der Ausbildung bis zur staatlich geprüften Hotelfachwirtin hat sie viele Jahre das Motto „ein Miteinander führt gut und erfolgreich zum Ziel“ gelebt.

Gerade als sie sesshaft werden wollte, wurde es turbulent in ihrem Leben: Sie arbeitete in einer Steuerkanzlei, führte ein Feinkostgeschäft in Wien, nach der Zusatzausbildung zur Qualitätsmanagerin landete sie wieder in einem Hotelbetrieb.

Zurück in München übernahm sie dort ein Stehbistro im Stadteil Lehel. Und sie ging einen weiteren Schritt und machte die Ausbildung zur Trainerin und Coach. Außerdem ist sie ausgebildete Gemeinwohl-Beraterin: In einer Peergroup begleitete sie die ver.de eG und zwei weitere nachhaltige Finanzdienstleister bei der ersten Gemeinwohlbilanz, einer besonderen Art Nachhaltigkeitsbericht.

Katja Ungar Portrait

Judith: Katja – Du engagierst Dich für ver.de, also dafür, dass in Deutschland möglichst bald eine nachhaltige Versicherung angeboten wird, die ihre Mitglieder aktiv einbindet. Nachhaltigkeit ist gerade überall – wann bist Du erstmals mit den Prinzipien der Nachhaltigkeit in Berührung gekommen?

Katja: Für mich ist Nachhaltigkeit eine Selbstverständlichkeit – auch deswegen, weil es keine moderne Erfindung ist. Das wird mir – und wahrscheinlich auch vielen anderen – immer wieder bewusst.

Wenn ich an meine Großeltern denke, die sagten: „Leg‘ das Tischtuch in die alten Falten, dann bleibt es lange Dir erhalten“. Oder: „Lass‘ das Licht nicht in allen Zimmern brennen.“ Es war die Langlebigkeit gemeint, der achtsame Umgang und das Bewusstsein: Alles muss erwirtschaftet werden, alles braucht Ressourcen, Arbeitseinsatz, Zeit und auch Geld als Tauschmittel.

Mein Ziehvater, Unternehmer mit über 50 Mitarbeiter*Innen, hat uns Kindern und seinen Enkelkindern eine aufgeschriebene Geschichte auf der Erde hinterlassen – darüber, dass die Menschen aufwachen, sich von der kalten sinnlosen Industrialisierung abwenden werden und es auch können.

Mein Ziehvater gab uns auch eine Empfehlung mit: „Geiz ist nicht geil, sondern dumm“ – und das alles passt hervorragend in die Nachhaltigkeit von heute. Wenn ich versuche, am Arbeitslohn von Menschen, an der Qualität von einem Produkt oder an den gesunden Zutaten von einem Gericht zu sparen, hat es am Ende keine positive Wirkung.

An einem Sonntag haben mein Mann und ich beschlossen, diesen Faden gezielt aufzunehmen und weiterzuspinnen.

Und es ist das Feuer, das uns weitergereicht wurde und trifft auf das, was auch wir leben wollen.

Schon von ihren Eltern und Großeltern hat Katja Ungar gelernt, was Nachhaltigkeit bedeutet - und lebt es heute selbst.
Schon von ihren Eltern und Großeltern hat Katja Ungar gelernt, was Nachhaltigkeit bedeutet – und lebt es heute selbst.

Judith: Du bist eines der ersten ver.de-Mitglieder gewesen. Wie kam es dazu? War es das Konzept der nachhaltigen Entwicklung oder wolltest Du einfach grün und nachhaltig versichert sein?

Katja: Bei mir war es ein natürlicher Folgeschritt auf dem Weg ….

Ich las einen Artikel in der Zeitschrift enorm über die Sparda Bank München. Berichtet wurde hier von deren Pioniertätigkeit in der Gemeinwohlökonomie und der ersten Nachhaltigkeitsbilanz.

Meine eigene Ausbildung zur Beraterin in der Gemeinwohl Ökonomie folgte daraufhin. Im Anschluss lernte ich Marie-Luise und ver.de zweimal kennen. Zuerst bei einer Veranstaltung von Polarstern Energie München und dann, als ich die Peergroup betreuen durfte, in der der erste Nachhaltigkeitsbericht für die ver.de eG erarbeitet und erstellt wurde.

Ich bin ein Genossenschaftsmitglied bei ver.de geworden – zum einen, weil ich selbst gerne proaktiv bin, mich bei ver.de miteinbringen kann. Und zum anderen, weil ich wirklich glaube, dass Menschen gemeinsam leichter etwas bewegen können als alleine. Jeder einzelne hat Power, Dinge umzusetzen, das ist klar. Doch eine Genossenschaft kann sowohl Dich als Einzelne*n stärken als auch breiter streuen, und noch woanders andocken, um etwas zu bewegen. Es bietet die Möglichkeit ein Netz zu spannen und auch die Schwarmintelligenz einfließen zu lassen.

Judith: Versicherungsanbieter gibt es viele – warum wünscht Du Dir eine nachhaltige und grüne Versicherung?

Katja: Ich wünsche mir eine grüne und nachhaltige Versicherung, die in Bewegung ist. Neue Wege mitgestaltet und mit anderen nachhaltigen Unternehmen kooperiert.

Eine grüne Versicherung, die für ihre Mitarbeiter*innen und ihre Mitglieder auch eine Plattform bietet für gegenseitiges und gemeinschaftliches Wirken und Ideen-Austausch.

Grün Versichern heißt für mich mehr als „wir haben eine Solarzelle auf dem Dach“. Das klingt jetzt vielleicht abwertend und ein wenig hochnäsig, doch genau das Gegenteil meine ich.

Es ist ein breites und weites Feld, das hier vor uns liegt und deswegen auch die Nachhaltigkeit, mit all den vielen Möglichkeiten – z.B. in der Lieferkette.

Zu der Lieferkette gehört auch die Kapitalanlage der grünen Versicherung. Das Geld der Mitgliedsbeiträge muss auch nachhaltig angelegt werden, das heißt nach ESG-Kriterien, sodass es auch der Umwelt zu Gute kommt.

Hier fällt mir Harald Lesch ein, er hat vor einiger Zeit etwas sehr Nachvollziehbares gesagt. Sinngemäß waren seine Worte:

Die eigentliche Tragödie ist, dass Investitionsentscheidungen heute – egal ob vom einzelnen Sparer oder Sparerin, dem Fondmanager oder einer Versicherung – so getroffen werden, dass sie am Tag des Abschlusses schon Geld bringen müssen. Und damit machen wir den Planeten und die Umwelt kaputt, wir berauben uns jeglicher Entwicklung, plündern Ressourcen, weil wir in die Vergangenheit investieren. Wenn wir wollen, dass die Erde für Menschen weiterhin lebenswert bleibt, müssen wir akzeptieren, dass es keine rieisigen Renditen von null auf 100 geben kann. Das sollten Investor*innen endlich begreifen und berücksichtigen.

Wenn eine grüne Versicherung das Geld ihrer Kunden*innen bei anderen grünen nachhaltigen Unternehmen anlegt, wird dort wieder Positives für Umwelt und Menschen bewegt. Und kann von dort aus dazu beitragen, wieder Wertvolles zu erhalten oder zu schaffen.

Grüne, nachhaltige Versicherung bedeutet für mich, dass Wohlergehen auf der ganzen Linie sichergestellt werden kann.

Judith: Wie sieht für Dich die Versicherungsbranche der Zukunft aus? Spielt nachhaltige Entwicklung da eine große Rolle? Oder eher Produkte und Konzept?

Katja: Spontan fällt mir ein: Gegenseitiges Vertrauen und gelebtes Miteinander. Eine Versicherung, die eine Gemeinschaft ist. Gemeinschaftliches Agieren.

Die jetzigen Versicherungen der 80er und 90er Jahre, zum Beispiel Barmenia und Allianz, sind vom Menschen weit weg gegangen und vielleicht auch umgekehrt – wie Banken und Großkonzerne sitzen sie in Palästen und Türmen.

Was ich mir wünsche, ist eine Versicherung, die an dem Menschen dran ist, die mit den Kunden und Kundinnen, Mitarbeiter*Innen und Lieferant*innen unterwegs ist.

Eine nachhaltige Versicherung erfüllt ja mehrere Dinge – sie versichert natürlich das Risiko, den Schaden.

Zum Beispiel eine Haftpflichtversicherung oder eine Hausratversicherung – natürlich auch eine Unfallversicherung. Man will den Schaden nicht haben, aber wenn er dann kommt, ist es gut, wenn man nicht alleine im Regen steht, sondern versichert ist. Und da ist es wichtig, dass es in der Zukunft wieder um mehr geht, als das Geld für den Schaden zu überweisen.

Die Zahlungsfähigkeit ist selbstverständlich und wichtig. Doch manchmal braucht es mehr: Nähe, Tipps, gute Worte, eine Community.

Judith: Was begeistert Dich an ver.de?

Katja: Wie schon gesagt, ich sehe das Grüne nicht nur im CO2-Ausstoß, sondern auch in der gelebten Nachhaltigkeit. Und ver.de ist ein echtes nachhaltiges Unternehmen. Von dem Einsatz der Arbeitsmittel, der inneren Einstellung bis hin zur Entwicklung neuer Möglichkeiten. Die Einbindung der Kund*innen. Ich kann mich als Mitglied einbringen.

Ein authentischer Laden, wäre die Kurzform und ist ein flapsiges Kompliment. Das ordentliche Feed-Back dazu: Soviel Potential und klasse Mitwirkende. Ich ziehe den Hut vor dem Schritt von Marie-Luise, ver.de gegründet zu haben.

Aber auch die Produkte überzeugen mich: Die Möglichkeit des ver.de CHECK ist ein klasse Service. Ich kann dabei in der Gesamtschau meine Finanzen mit einem nachhaltigen Experten ansehen. Ich habe es für mich und meinen Mann getestet und die Beratung war sehr gut.

Was mich von Anfang an angesprochen hat: Die Genossenschaft der ver.de wählt Personen in den Nachhaltigkeitsbeirat. Damit ist eine Sicherung eingebaut ist, dass in einer späteren, voll aktiven ver.de Versicherungs-AG die Werte nicht verwässern oder weichgekocht werden können. Die Genossenschaft wird quasi immer die Urzelle sein.

Genauso wurden die Geldanlagen zur Abstimmung gestellt, und sind jederzeit transparent auf der Homepage einzusehen.

Judith: Als aktives Mitglied bringst Du Dich schon jetzt bei ver.de ein. Wie sieht das aus?

Katja: Ich erzähle anderen Menschen von ver.de – in der Nachbarschaft, am Gartenzaun, auf der Hundewiese, beim Bäcker.

Ja, ich rede, höre zu und stelle Fragen, poste online in den sozialen Medien, gebe Artikel und Veranstaltungen weiter, auch gerne auf nebenan.de.

Es gibt die Möglichkeit, an Veranstaltungen teilzunehmen, zum Beispiel waren mein Mann und ich mit ver.de auf dem „Wies’n Einzug der Klimaheld*Innen“, den der Klimaherbst organisiert hat. Das alles ist jetzt im Moment eigeschränkt, doch es gibt auch richtig interessante Online-Veranstaltungen.

Und ich habe dem 14-jährigen Sohn meiner Cousine, nach seiner Projektarbeit in diesem Bereich, einen ver.de Genossenschaftsanteil geschenkt.

Als aktives Mitglied ist Katja auch dabei, wenn ver.de sich politisch positioniert: wie hier, beim alternativen Wiesneinzug der Klimaheld*innen im Herbst.
Als aktives Mitglied ist Katja auch dabei, wenn ver.de sich politisch positioniert: wie hier, beim alternativen Wiesneinzug der Klimaheld*innen im Herbst.

Judith: Nachhaltige Finanzen werden erst langsam zu einem populären Thema. Kannst Du mit Deinen Worten erklären, warum Du dich hier engagierst?

Katja: Ich engagiere mich, weil es nicht nur mir dient, sondern vielen anderen Menschen auch. Ich könnte auch sagen, ein richtig heißer Wirkmechanismus ist hier möglich.

Es beginnt bei dem eigenen Konto, dem Sparen und es betrifft auch das Geld, die Beiträge, die ich monatlich oder jährlich für die unterschiedlichsten Versicherungen einzahle.

Ich glaube auch, dass die meisten lieber in einer guten Gemeinschaft leben wollen. Ein klassischer Fall sind die guten Gespräche in unserer Hausapotheke. Hier sprechen der Apotheker und ich manchmal über Gott und die Welt, und auch über die nachhaltige Wirkung von Geld. Als ich einmal den Wirkmechanismus bei Versicherungen ausführte: Wieviel Geld in allein Deutschland der Versicherungsbranche zur Verfügung steht, und investiert wird. Wie so auch Dinge finanziert werden, die wir eigentlich gar nicht unterstützen wollen, merkte ich wie der Apotheker ernstwird und sagt: „Das war mir so noch nie bewusst.“ Das fand ich nicht erstaunlich, weil es eigentlich zeigt, dass selbst Menschen, denen es auch wichtig ist, was auf unserem Planeten abgeht, nicht in allen Themen drin sind und auch nicht sein können.

Unser Geld hat einen Hebel und ist nach wie vor ein Tauschmittel. Auch die Beiträge der Versicherungen, die so angelegt werden können, dass diese der Gemeinschaft und anderen Unternehmen zu Gute kommen können. Ob es in der Landwirtschaft, für die Umwelt, soziale Einrichtungen, in der Weiterbildung, in der Forschung, in der grünen Mobilität ist, es gibt so viele Möglichkeiten, Geld als lebendiges Tauschmittel einzusetzen.

Ohne Glaspaläste. Oder noch schlimmer: Wenn Geld so anlegt wird, dass andere Menschen bluten oder hungern müssen, schlägt es irgendwann zurück.

Judith: Wer sollte Deiner Meinung nach Mitglied der ver.de-Genossenschaft werden und an Deutschlands erster nachhaltiger Versicherung mitwirken?

Katja: Einfach gesagt: Jeder, jeder Mensch – ob jung oder alt – der eine lebendige nachhaltige Wirtschaft gestalten und unterstützen möchte! Menschen, denen die Transparenz und Fairness wichtig ist. Jemand, der das Gemeinwohl stärken will. Und Menschen, denen wichtig ist, dass die nächsten Generationen auch noch etwas finden, außer smarten Robotern und verbrannter Erde.

Das muss sicher nicht bei jedem so ein konzentrierter Zusammenhang sein wie bei mir. Gott sei Dank ist es ganz individuell und frei für alle, die sich eine ver.de Mitgliedschaft vorstellen können.

Und ich gehe noch einen Schritt weiter zum Tellerrand von zum Beispiel Frau oder Herrn Müller, mit einem größeren Auto in der Garage, die manchmal sogar damit zum Brötchen holen fahren, und Goldstücke im Keller lagern – und wenn jetzt diese Menschen ihren Enkel*innen, Nichten und Neffen und Patenkindern Genossenschaftsteile von ver.de schenken, ist das völlig in Ordnung.

Und auch gewünscht. Dann bewegen sie sich selbst nur noch begrenzt, doch sie schenken Zukunft. Denn Zukunft passiert nicht einfach so, wir gestalten sie!

Judith: Hoffentlich kann ver.de bald die erste nachhaltige, zertifiziert gemeinwohl-orientierte Versicherung werden. Wenn Du dann nachhaltig grün versichert bist, dann…

Katja: … bin ich völlig zufrieden! Ich bin jetzt auch schon zufrieden auf dem Weg zu sein, und zu gestalten und zu bewegen. Aber dann ist das Bild – vom Gefühl und von meinem wirtschaftlichen Verständnis her – komplett.

Spontan habe ich vor Augen: Bank nachhaltig – Haken dahinter, Strom grün – Haken dahinter, und dann auch eine grüne und nachhaltige Versicherung – Haken dahinter. Läuft.

Hinweis: Die vorstehenden Aussagen geben die persönliche Meinung der Verfasserin wieder; eine Haftung für die Richtigkeit kann nicht übernommen werden.

Elena

Elena

Elena arbeitet bereits seit drei Jahren bei ver.de in der Kommunikation. Sie ist studierte Ethnologin mit Fokus auf das Völkerrecht. Nach ihrem Studium schrieb Elena beispielsweise für die Non-Profit-Organisation earthlink e.V. über globale Fluchtursachen oder die Bekämpfung von Kinderarbeit. Dabei baute sie ihre im Studium erlernten Recherche- sowie Schreibkentnisse aus. In ihrer Freizeit engagiert Elena sich beim Münchner Flüchtlingsrat. Das sind ihre zwei Herzensthemen: Klimaschutz sowie soziale Gerechtigkeit. Hier hat Elena in der Finanzwirtschaft einen Hebel für eine bessere Zukunft gefunden - und versucht nun, mit ver.de diesen Hebel zu "betätigen".

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